Überbauung Sonnenhof, Dussnang
Studienauftrag 2024
Das abgewinkelte Grundstück liegt im Zentrum Dussnangs am Kreuzungspunkt der beiden Haupterschliessungsachsen Kurhaus- und Sonnenhofstrasse. Im Südosten, in unmittelbarer Nachbarschaft, liegt das Areal der Volksschule Fischingen, während das Grundstück im Westen durch die geschwungene Topografie des Tannenbachs begrenzt wird. Geprägt wird die Umgebung durch die malerischen Hügelzüge, in welche Dussnang eingebettet ist.
Ortsbauliche Intervention
Die Parzelle der Raiffeisenbank wird mit zwei polygonalen, gleichartigen Gebäuden bespielt. Das nördlich liegende Haus orientiert sich mit seiner Längsfassade parallel zur Sonnenhofstrasse. Durch den Rücksprung um 11 Meter von der Strasse entsteht ein grosszügiger Vorplatz, welcher dem Öffentlichkeitsanspruch des Gebäudes Rechnung trägt. In der Wahrnehmung des Besuchers wird der repräsentative Charakter der Adressbildung durch die Bepflanzung mit Alleebäumen noch verstärkt. Das zweite Haus orientiert sich mit der Längsseite an der südlichen Parzellengrenze. Die Geometrie der Gebäude führt den Besucher auf selbstverständliche Weise ins Zentrum der Überbauung, wo sich ein vielseitig bespielbarer Freiraum und Begegnungsort befindet. Das Gefüge wird durch fliessende Landschaftsräume und Sichtbezüge in die umliegenden Hügelzüge geprägt.
Die beiden polygonalen Volumen sind als 3,5-geschossige Gebäudekörper ausgebildet. Durch die spezifische Setzung des Attikavolumens erhalten die Gebäude an ihrer Schmalseite je eine Dachterrasse, die von der Hausgemeinschaft als Begegnungsort genutzt werden kann.
Im Erdgeschoss des nördlichen Gebäudes befinden sich die publikumsorientierten Flächen der Bankfiliale Raiffeisen sowie der Verwaltung der Gemeinde Fischingen und von Energie Fischingen. Die Adressbildung an der Sonnenhofstrasse ist augenfällig. Darüber – und in dieselbe Struktur wie die Wohnungsgrundrisse eingeschrieben – ist die Gemeinschaftspraxis angeordnet. Die Bibliothek wird im Erdgeschoss des südlichen Gebäudes untergebracht. Obwohl sie von der Sonnenhofstrasse aus gesehen zurückversetzt steht, ist die Adressbildung einer öffentlichen Bibliothek angemessen und im Hinblick auf die direkte Anbindung zum östlich gelegenen Schulareal wünschenswert.
Hinter der vielseitigen, polygonalen Form der Gebäude stecken konzeptionelle Überlegungen: Polygone lassen den Aussenraum fliessen und reagieren auf verschiedene Seiten. Die zueinander abgewinkelten Ausrichtungen der Fassaden weiten den Blick. Zudem wird die Ausdehnung der Gebäude in der Wahrnehmung in Teilbereiche segmentiert, was die Gebäudevolumen optisch verkleinert. Diese Qualitäten der polygonalen Form tragen dazu bei, dass die herausfordernde Dichtevorgabe im Projekt als verträglich und dem Ort angemessen wahrgenommen wird.
Architektur
Der Gebäudeaufbau ist schichtartig – gleich einer Zwiebel – aufgebaut. Der Nukleus der Grundrissentwicklung ist das grosszügige und zenital belichtete Treppenhaus mit den Erschliessungsflächen, die zu den einzelnen Wohnungen führen. Es wird in Sichtbeton erstellt und übernimmt aussteifende Wirkung. Die beiden äusseren Schichten werden in Holzelementbauweise auf einem betonierten Untergeschoss erstellt. In der zweiten Schicht (2,40 m tief) werden alle dienenden Räume wie Entrées, Nasszellen, Küchen und Réduits eingeschrieben, in der dritten und äussersten Schicht (4,20 m tief) befinden sich alle Wohnräume und Balkone. Diese sind als Loggien ausgebildet und jeweils an den Eckpunkten der Polygone in die Gebäudevolumen eingeschrieben. Mit der Anordnung „über Eck“ erhalten alle Wohnungen eine Orientierung auf zwei Seiten und eröffnen damit attraktive Sichtbezüge in den Landschaftsraum.
Die Gebäude sind den Anforderungen und der Systematik des Holzbaus entsprechend funktional und klar strukturiert. Viel Holz und feine Details machen die Baukörper innen und aussen behaglich. Die Grundrisse werden gemäss den bestellten Grössenanforderungen geschnitten. Bewusst werden daher zugunsten von Wohnflächen alle Verkehrsflächen auf ein Minimum reduziert. Zimmer können je nach Bedarf dem Wohnraum als Erweiterungsmöglichkeit zugeordnet oder aber als Schaltzimmer zur Steuerung des Wohnungsmixes verwendet werden. Innerhalb des gewählten Rasters lassen sich verschiedene Grundrisskonfigurationen umsetzen.
Entsprechend der Logik des Gebäudeaufbaus wird in den Steigzonen der dienenden Räume die Haustechnik untergebracht. Diese ist gut zugänglich und im Sinne eines Lowtech-Konzeptes entwickelt. Wo dies notwendig ist, erfolgt die horizontale Verteilung der Haustechnikleitungen in der inneren Schicht unter der Decke der gewerblich genutzten Räume.
Konstrukiton
Die Konstruktion der Häuser befolgt die Systematik und Logik der Holzbauweise. Ausser dem Treppenhaus, das in Beton erstellt wird, werden die Mehrfamilienhäuser in Holz erstellt. Dabei werden sowohl die Innen- als auch die Aussenwände als Holzrahmenelemente vorgefertigt. Die Deckenelemente bestehen aus sichtbaren Brettschichtholzelementen, welche von unten eine fertige Oberfläche aufweisen und schubsteif untereinander verbunden werden. Diese Elemente bilden auch die horizontale Deckenscheibe.
Der Dachaufbau wird wie das Deckensystem mittels sichtbarer Brettschichtholzelemente ausgeführt. Mit der vollflächigen, aussenliegenden Dämmung ergibt sich ein idealer Aufbau, der wenige Wärmebrücken und ein reduziertes Risiko von Feuchteschäden aufweist. Sämtliche Innenwände werden – als Zeichen des Holzbaus – in Holzelementbauweise ausgeführt. Die Trennwände zwischen den Wohneinheiten werden als zweischalige und doppelt beplankte Holzrahmenwände ausgebildet. Damit können die Anforderungen aus Brandschutz und Schallschutz erfüllt werden. Die einfacheren Trennwände innerhalb der Wohneinheit können entsprechend reduziert ausgebildet werden.
Die Aussenwände werden ebenfalls als Rahmenelemente ausgeführt. Dabei ermöglicht die zwischen den Rahmenhölzern liegende Dämmung einen sehr effizienten Aussenwandaufbau. Das äussere Erscheinungsbild ist geprägt durch die horizontale Schichtung mit der umlaufenden Fassadenbänderung. Die Holzschalung wird dabei als hinterlüftete Konstruktion ausgeführt und ist abwechselnd heller und dunkler lasiert.
Nachhaltigkeit
Folgende konzeptionelle Elemente ermöglichen im Speziellen die Einhaltung des Standards „Nachhaltiges Bauen Schweiz Silber“ (SNBS-Hochbau Silber):
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Kompaktheit des Gebäudevolumens, grosse Flächeneffizienz
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Einfache Statik mit direkter Lastabtragung
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Nutzungsflexibilität innerhalb des Gebäuderasters
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Systemtrennung und Zugänglichkeit der haustechnischen Installationen
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Anwendung von Baustoffen mit tiefen Treibhausgasemissionen
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Räume sozialer Interaktion – Begegnungsorte im Innen- und Aussenraum und auf der gemeinsamen Dachterrasse
Landschaftsarchitektur: Brogle Rüeger
Visualisierungen: Tom Schmid