Erweiterungsneubau Alterszentrum Adlergarten, Winterthur

Projektwettbewerb im offenen Verfahren 2022, 3. Rang

In der qualitätsvollen Umgebung der Parkanlage Adlergarten soll ein hochwertiger Erweiterungsneubau mit 120 Pflegeplätzen für das bestehende Alterszentrum erstellt werden.

Das Alters- und Pflegeheims Adlergarten von 1967 von Edwin Bosshard ist ein gutes Zeugnis der Nachkriegsarchitektur und bestand ursprünglich aus einem orthogonalen Komplex mit dem 8-geschossigen, nach Süden ausgerichteten Pflegetrakt, einem zur Gärtnerstrasse zurückversetzten Bürotrakt mit dem Eingangsbereich sowie einem rechtwinklig zum Hauptbau stehenden, parallel zur Adlerstrasse verlaufenden Personalgebäude. Die 1976 erfolgte Erweiterung des Pflegetraktes mit den gestaffelt angeordneten Zimmern gab dem Gebäude auf der Ostseite eine zusätzliche Akzentuierung und das markante Volumen des Saalanbaus besetzte das Zentrum des Ensembles.

Städtebau

  • Die Setzung des bestehenden Saalvolumens im Zentrum der Anlage beeinträchtigt stark eine sinnvolle Erweiterung der Gebäudevolumen und erschwert die Wiederherstellung der gestalterischen und landschaftsräumlichen Qualität des Parkbereichs, weshalb es zurückgebaut werden soll.

 

  • Ein zur Gärtnertrasse ausgerichteter Anbau über dem Eingangs- und Empfangsbereich korrigiert das durch den ostseitigen Anbau verloren gegangene Gleichgewicht des Hauptvolumens und gibt dem Gebäude mit seiner Präsenz eine neue und adäquate Adressierung.

 

  • Das kompakte und gegliederte Neubauvolumen des Erweiterungsbaus weist eine Bewegung in S-Form aus und steht rechtwinklig zum Bestandesgebäude parallel zur Adlerstrasse. Der nördliche Teil des Volumens staffelt näher zur Gärtnerstrasse, weicht aber von der Adlerstrasse zurück und ermöglicht so eine gute Einbettung des Gebäudes in den umfliessenden Grünraum. Mit dem Volumenversatz nach Westen des südlichen Teils öffnet sich das Gebäude zum zentralen Bereich des Parks und definiert eine zweite Zugangsachse.

 

  • Das bestehende Alterszentrum Adlergarten und der Erweiterungsneubau werden durch einen eingeschossigen Trakt verbunden, der nordseitig die bestehende Gebäudeflucht und Volumenstaffelung übernimmt.

Nutzungskonzept

Der eingeschossige Eingangs- und Empfangsbereich wird zurückgebaut und durch einen Anbau ersetzt, der die Geschossigkeit des Hauptgebäudes AZA übernimmt. Seine zentrale Position im Ensemble und die vorhandene gute vertikale Erschliessung prädestinieren ihn zur Unterbringung jener Teile des Raumprogramms, die auf eine gute Erreichbarkeit angewiesen sind. Neben dem Empfangs- und Eingangsbereich im EG und dem Verpflegungs- und Pausenbereich Mitarbeitende im 1. OG sind dies die Büroräumlichkeiten der Verwaltung und der Kundenbetreuung sowie der Veranstaltungs- und Sitzungsbereich. Der Anbau ist brandschutztechnisch vom Pflegebereich abgetrennt und soll – mit Ausnahme des Erdgeschosses – in Holzelement-Bauweise erstellt werden. Diese Konstruktion ermöglicht eine konfliktarme und schnelle Realisierung und eine flexible Nutzung des Raumangebots.

Der Zwischentrakt funktioniert sinngemäss als Bindeglied zwischen dem Hauptgebäude und dem Erweiterungsbau. In der Verlängerung der Raumschicht des Eingangs- und Empfangsbereichs befindet sich eine grosszügige Lounge, die zum Verweilen einlädt und südlich davon – zum Park zugewandt – der Saal. Der gesamte Bereich ist auf Transparenz und Offenheit zum Aussenraum hin konzipiert.

 

Erweiterungsneubau

Strukturell und bezüglich der Ausgestaltung des Grundrisses ist der Erweiterungsneubau im Hinblick auf die Bedürfnisse von Pflege und Betreuung älterer Menschen eines Wohnbereichs der stationären Langzeitpflege mit zwei Wohngruppen entwickelt worden. Jede Wohngruppe besitzt einen grosszügigen Wohn- und Essbereich mit direktem Zugang zu einer gemeinschaftlich nutzbaren Loggia sowie – an den Gebäudeenden – jeweils einen Aufenthaltsbereich mit attraktivem Ausblick. Die schuppenartig gefaltete Fassadenausbildung in den Obergeschossen wurde ausgehend von den Bedürfnissen des Lärmschutzes her entwickelt, sie besitzt aber auch bezüglich der Raumqualität und der Sichtbezüge der einzelnen Zimmer unbestreitbare Vorteile. Dem Gebäude verleiht die spezielle Profilierung der Fassade eine starke Identität und einen Ausdruck der Leichtigkeit und Beschwingtheit. Im 1. Obergeschoss befindet sich die Wohngruppen offene und geschlossene Demenz mit direktem Ausgang zum Dementengarten, der sich auf dem Dach des Zwischentrakts befindet.
Das Erdgeschoss ist als Sockelgeschoss ausgebildet und beherbergt im südlichen Bereich das autonom betriebene Tageszentrum mit ambulanten Angeboten. Mit dem direkten Zugang von der Adlerstrasse her ist es unabhängig vom restlichen Betrieb erschlossen. Es besitzt einen südlich vorgelagerten, privaten Garten. Auf der Nordseite sind – von der Lounge her gut erreichbar – der Bereich der Physio- und Ergotherapie sowie der Aktivierung platziert, ergänzt mit den Räumen für Coiffeur und Podologie/Pedicure.
Das Attikageschosses ist der Technik vorbehalten; insbesondere beherbergt es die Lüftungszentrale des Erweiterungsbaus und weitere Technikräume. Die Fassade und das Dach des Aufbaus ist in Holzbauweise konstruiert und mit Paneelen für die Photovoltaik bestückt.
Der Lärmproblematik wird mit einer spezifisch dafür entwickelten Geometrie der gefalteten Gebäudehülle begegnet. Dabei werden die Lüftungsfenster an der von der Lärmquelle abgewandten Seite angeordnet, was die resultierende Lärmbelastung entscheidend auf das erlaubte Mass verringert. Die erlaubten Immissionsgrenzwerte werden im Erdgeschoss ohne spezielle Ausbildung der Fassadengeometrie eingehalten

Konstruktion

Der Erweiterungsbau wird in Hybridbauweise, der Anbau ans Hauptgebäude in Holz-Systembauweise ausgeführt. Alle Neubauteile werden mit hinterlüfteten, sienarot eingefärbten, dünnwandigen Glasfaser-Betonplatten bekleidet, die auf die Aussenwände in Holzelement-Bauweise befestigt werden.
Wie oben beschrieben, verleiht die spezielle, skulptural gefaltete Bewegung der Fassadenabwicklung in den Obergeschossen des Erweiterungsneubaus dem Gebäude eine starke, eigenständige Identität. Andere Elemente der Fassadengestaltung sorgen aber für die Bindung zwischen alt und neu. So wird das Erdgeschoss gut erkennbar als durchgehenden Gebäudesockel ausgebildet und die Obergeschosse übernehmen die horizontale Bänderung des Ursprungsgebäudes. Die Bänderung wird noch dadurch unterstützt, indem die Fassadenelemente im Bereich der Fenster mit einer vertikalen Profilierung versehen werden. Analog zu den Beton-Fassadenplatten des Bestandesgebäudes sind die Glasfaserbetonplatten der Fassade des Erweiterungsneubaus mineralisch gebundene Bauteile.
Auf die im Pflichtenheft aufgeführte Begrünung der Fassade wird verzichtet. Wir sind der Meinung, dass teure und unterhalts-aufwändige Fassadenbegrünungen in dicht bebauten Stadtgebieten durchaus Sinn machen können, aber nicht unbedingt in einer Parklandschaft, wo hochstämmige Bäume die Funktion von Beschattung und Kühle einfacher und besser erfüllen können.

Visualisierungen: Tom Schmid